Barbie, THE ICON
Das muss ihr erst einmal jemand nachmachen – 56 Jahre und kein bisschen gealtert. Dabei kann Barbara Millicent Roberts auf ein bewegtes Leben zurückschauen. Am 9. März 1959 erblickte sie auf der American Toy Fair in New York das Licht der Welt. Schon ein Jahr später wird sie Modedesignerin, fliegt 1965 das erste Mal ins All und kandidiert fünfmal für die Präsidentschaftswahl. Bis heute hat sie mehr als 150 Berufe ausgeübt – ein echter Workaholic eben. Überall wo sie erscheint, legt sie einen glänzenden Auftritt hin – kein Wunder, bei einer Garderobe, die eine Milliarde Outfits umfasst, was 980 Millionen Metern an Stoff entspricht – Barbie.
Diese Puppe ist nicht nur schön anzuschauen, sondern sie hat es geschafft, jede sprachliche, kulturelle, soziale und anthropologische Barriere zu beseitigen. Das MUDEC in Mailand widmet ihr aus diesem Grund eine ganze Ausstellung: „Barbie. The Icon“ ist noch bis zum 13. März 2016 im Museo delle Culture zu besichtigen.
Barbie, wie die Zeit vergeht!
ein Spiegel unserer Gesellschaft
„Barbie. The Icon“ erzählt uns das aufregende Leben einer Puppe, die die ästhetischen und kulturellen Veränderungen unserer Gesellschaft seit mehr als einem halben Jahrhundert verkörpert. Die Ausstellung gibt anhand verschiedener Interpretationsebenen einen Überblick über diese Ikone der US-amerikanischen Kultur. Der historische und kulturelle Hintergrund, der für die Erwachsenen besonders interessant ist, wird von speziell für Kinder entwickelten interaktiven Stationen begleitet.
Eröffnet wird die Ausstellung mit dem „Who is Barbie“ Zimmer. Darin präsentieren sich sieben kultige sowie repräsentative Puppen, für jede Dekade eine, von 1959 bis heute. Der Besucher bekommt außerdem Einblick in die weltweite Herstellung von Barbie.
Barbie ist in erster Linie eine Stilikone. Deshalb widmet sich der erste Bereich der Ausstellung „Barbie is Fashion“ dem zentralen Aspekt aus Barbies Leben, der Mode. Ihren großen Erfolg zieht sie auch daraus, dass separat immer wieder neue Outfits für sie erhältlich sind und kleine Mädchen verschiedene Styles und Looks an ihr ausprobieren können. Viele Kreationen für Barbie waren so schritthaltend mit den internationalen Modetrends, dass sie eine komplette Musterkollektion der aktuellen Trends darstellten. Auch große Namen wie Valentino, Ferré, Versace, etc. haben im Lauf der Jahrzehnte Outfits für Barbie entworfen.
„Barbie Family“ präsentiert Barbies Familie und Freunde. Barbies Großfamilie, das sind ihre drei Schwestern, ein Bruder, ihr Freund Ken und etliche Haustiere. Ein Video zeigt die verschiedenen Häuser von 1962 bis heute. Barbies Haus wurde extra für die Ausstellung rekonstruiert und die jungen Besucher können reingehen und sich die Räume, in denen Barbie lebt, anschauen. Sie können am Alltagsleben teilhaben und ein Beweisfoto als Souvenir mitnehmen.
Beim Rundgang durch „Barbie Careers“ erfährt man alles über Barbies beruflichen Erfolg. Obwohl sie als Mannequin gelauncht wurde, hat sich Barbie beruflich immer wieder neu orientiert, getreu ihrem Motto „I Can Be“. Ihre vielen internationalen Karrieren inspirierten und ermutigten drei Generationen von jungen Mädchen.
In „Dolls of the World“ präsentieren sich die Barbies in den traditionellen Kostümen aus vielen Ländern dieser Welt. Kinder werden hier besonders viel Spaß haben: Stationen mit Stimmen in unterschiedlichen Sprachen, begleitet von traditioneller Musik, fordern zum Ratespiel auf.
Der fünfte und letzte Bereich der Ausstellung „Queen, Diva and Celebrity“ zeigt, wie sich Barbie im Laufe der Zeit mit vielen berühmten Persönlichkeiten identifiziert hat. Legendäre Figuren der Geschichte wie zum Beispiel Cleopatra, Elisabeth I. und Catherine de’ Medici wurden von Barbie gemimt.
Am Ende stellt sich die „Barbie Mudec“ den Besuchern vor. Diese Barbiepuppe im „kleinen Schwarzen“ mit pinker Schleife wurde extra von Mattel für das Museo delle Culture designt. Zum Abschied können die Kinder ihre Briefe, Anregungen und selbst gemalten Bilder für Barbie in einen Briefkasten werfen.
Moschino Barbie – so fierce!
Im November 2015 wurde die Moschino Barbie aus der Collector Dolls Serie gelauncht und war kurz darauf auch schon ausverkauft. Das lag womöglich nicht nur an der „Most Moschino Barbie Ever“ im Lederoutfit von Designer Jeremy Scott, sondern auch am kuriosen Werbespot der in gewisser Weise eine Parodie auf die typischen Barbie Spots sein soll. Hersteller Mattel hat hier zum ersten Mal in seiner Geschichte mit der geschlechterstereotypen Rollenverteilung gebrochen und zeigt den ersten Jungen in einem Barbie-TV-Spot – totally cool!
I Can Make Dolls’ Clothes – Let’s sew!
Warum immer nur von der Stange? – auf Eigenkreationen kann man richtig stolz sein. Für alle zukünftigen Designer und Stylisten unter Euch haben wir ein ganz besonderes Buch entdeckt: „I Can Make Dolls Clothes“ heißt es. Herausgegeben wurde es von Modedesignerin Louise Scott-Smith und Grafikdesignerin Georgia Vaux.
In ihrem Buch vermitteln sie Kindern anhand superklarer Anleitungen, wie man zum Beispiel einen A-Linien-Rock, eine Faux-Fur-Jacke oder eine Fransen-Tasche für seine Barbie näht. Die originellen Kreationen brauchen nicht viel mehr als ein paar alte Stoffreste, Knöpfe und Pailletten. Für jeden Style werden die benötigten Materialien und Nähutensilien zusätzlich illustriert aufgelistet und jeder Arbeitsschritt anhand von ansprechenden Bildern und Text erklärt. Die Schnitte sind in Originalgröße abgebildet und für die regulären Barbies von 30 cm konzipiert. In den kreativen Outfits aus „I Can Make Dolls’ Clothes“ werden eure Lieblingspuppen aus der Masse herausstechen, und wie kleine Fashionistas aussehen. Das Buch „I Can Make Dolls’ Clothes“ ist im Verlag Thames & Hudson erschienen und über amazon erhältlich.
Ein Leben in Rosarot – Interview mit einem Barbiesammler
Für unser „Barbiespecial“ haben wir uns mit einem wahren Experten getroffen. Marcus aus Berlin sammelt seit seiner Jugend leidenschaftlich Barbies und würde sich am liebsten eines Tages ein begehbares Barbie-Haus mit rosa Holzmobiliar samt allen Details bauen.
Ein Gespräch über die Faszination des pinken Phänomens …
MILAN Magazine: Marcus, wann ist Deine Leidenschaft für Barbie entstanden?
Marcus: Der Ursprung liegt bei Walt Disneys „Cinderella“. Das war in früher Kindheit mein absoluter Lieblingsfilm, den ich streckenweise schon mitsprechen und -singen konnte. Die Hauptfigur und ihre tollen Kleider sah ich wohl am ehesten in Barbie wieder. Zudem habe ich drei ältere Schwestern, die kein großes Interesse an ihren alten Ballerina-Barbies zeigten, ich dafür umso mehr.
MM: Was fasziniert Dich an Barbie?
Marcus: Barbie ist immer mit der Zeit gegangen und entsprach dem jeweils aktuellen Schönheitsideal, ohne dabei je so magersüchtig zu wirken wie 99% aller realen Models. Außerdem reichte keine andere Modepuppe optisch oder qualitativ an sie heran.
MM: Du sammelst hauptsächlich Barbiepuppen aus den achtziger Jahren. Warum hat es Dir ausgerechnet diese Epoche angetan?
Marcus: Zum einen liegt es sicher daran, dass dies meine unmittelbare Kindheit war und immense Erinnerungen damit verbunden sind. Zum anderen waren die Puppen und Moden dieser Zeit im Vergleich zu heute wesentlich besser verarbeitet, robuster und nach meinem Geschmack viel, viel eleganter und stilvoller. Ich wünschte immer, Mädchen und Frauen würden sich auch nur annähernd so gut kleiden, was keine Frage des Geldes ist.
MM: Wie viele Barbies umfasst Deine Kollektion? Gibt es auch ein paar Kens in Deiner Sammlung?
Marcus: Aktuell habe ich ca. 90 Barbies, 30 Kens und 15 Skipper (die kleine Schwester von Barbie).
MM: Hast Du eine Lieblings-Barbie?
Marcus: Die Frage wurde mir schon oft gestellt und es ist beinahe unmöglich, mich festzulegen. Deshalb ist es trotz Platzmangels auch so schwierig, meine Sammlung zu verkleinern. Ich versuche selbst immer wieder, für mich eine TOP 12 – Liste zu erstellen (12 ist meine magische Lieblingszahl). Ganz weit oben rangieren dabei für mich die Day-to-Night Barbie von 1985, die Angel Face Barbie von 1983 und als Ausnahme die Superstar Barbie von 1976.
MM: Wenn Du eine Designer-Barbie im Schaufenster siehst? Kommst Du da nicht in Versuchung, sie dir sofort zu kaufen?
Marcus: Ich wüsste nicht, wann ich zuletzt mal eine Designer-Barbie im Schaufenster gesehen habe. Auf diese bin ich meist durch das Internet, vorzugsweise ebay, aufmerksam geworden. Die Barbies von heute haben es ohnehin sehr, sehr schwer, mich noch zu beeindrucken, da ich ja eher auf die Endsiebziger und 80-er Jahre fixiert bin. Heute reizen mich lediglich noch die Silkstone Barbies. Geärgert habe ich mich, als ich die Sonderedition der Basic Barbies vor ein paar Jahren bei P&C verpasst habe. Die hätten mir noch ganz gut gefallen und wären dort im Vergleich zum Internet viel günstiger gewesen.
MM: Wie kommt die Sammelleidenschaft bei Deinen Freunden an?
Marcus: Meine Familie kannte mich nie anders, ebenso meine ältesten und besten Freunde. Für sie ist es völlig normal, hin und wieder fragen sie mich etwas darüber, geben mir Tipps oder schicken mir Links zu Artikeln oder Angeboten zu bzw. über Barbie. Neue Bekannte und Freunde, reagieren, sobald sie in mein kleines „Geheimnis“ eingeweiht werden, grundsätzlich erstmal positiv interessiert, unterschätzen meine Sammlung jedoch immer, um dann beinahe hintenüber zu fallen, wenn Sie das erste Mal in mein Hobbyzimmer kommen oder Fotos sehen.
MM: Spielst Du in Deinem Zimmer mit den Barbies? Änderst Du ihre Frisuren und ziehst Du sie um?
Marcus: Spielen kann man es für meine Begriffe nicht nennen, die Frisuren ändere ich nicht wirklich, dafür habe ich keine Begabung und für komplizierte Stylings sind die Haare zu störrisch, ich will sie nicht zerstören. Aber ich ziehe sie gern von Zeit zu Zeit um, schließlich wollen die vielen Moden auch mal präsentiert werden. Das mache ich am liebsten an ruhigen und verregneten Wochenenden, am liebsten morgens, während die Sonne aufgeht mit einer Kanne Kaffee und Lounge-Musik oder einem Hörspiel meiner Kindheit dazu. Dann geht mir das Herz auf.
MM: Wie reagieren Kinder auf Deine Barbie-Sammlung?
Marcus: Die meisten Kinder sind auf den ersten Blick ins Hobbyzimmer erstmal überwältigt und natürlich total reizüberflutet. Je genauer sie allerdings hinsehen, desto weniger wirklich interessiert wirken sie. Vermutlich liegt das daran, dass viele der Puppen, insbesondere das ganze Zubehör und die Moden in den Originalverpackungen und Koffern verstaut sind, sie sie also nicht anfassen können. Aber ich glaube, dass die Sachen für viele Kinder je nach Alter auch nicht zeitgemäß sind, d.h. sie interessieren sich mehr für die aktuellen und schrillen Puppen wie beispielsweise aus „Frozen“ oder „Monster High“.
MM: Hat Barbie bei Dir zuhause einen Ehrenplatz?
Marcus: Barbie residiert ausschließlich im Hobbyzimmer, das sie sich mit ihren unmittelbaren Konkurrenten, den Masters of the Universe und Princess of Power teilen muss, die wiederum meine zweite große Leidenschaft darstellen. Ansonsten dürfte man in unserer restlichen Wohnung wohl kaum auf Barbies Welt schließen, da wir eher urig und natürlich eingerichtet sind mit dunklen, Massivholzmöbeln und gemütlicher, indirekter Beleuchtung.
MM: Wie kommt Dein Partner mit Deinem Hobby zurecht?
Marcus: Am Anfang fand er es etwas befremdlich und hat es nicht ganz ernst genommen, hat sich aber schnell daran gewöhnt. Der Wunsch (trotzdem) zusammenzuziehen, kam sogar von ihm. Meine Bedingung war, dass ich dazu unbedingt mein eigenes, wenn auch kleines Rückzugsreich brauche, insbesondere, um die Barbies und anderen Sammlungen von unserem restlichen Leben abzugrenzen. Ein paar Mal war ich schon kurz davor, mich von Allem zu trennen, weil mir meine eigene Sammelleidenschaft über den Kopf wuchs und zu viel Zeit und Geld beanspruchte, da hat er mir gut zugeredet, die Sachen zu behalten, weil sie ein wichtiger Teil meines Lebens seien, ich doch so sehr daran hängen und es später bereuen würde. Wenn die Sachen dann einmal weg wären, würde ich sie irgendwann im Zweifelsfall viel teurer doch wieder neu ersteigern und sammeln. Und das stimmt, viele einzelne Puppen und Moden habe ich inzwischen mehrmals ersteigert, wieder verkauft und wieder ersteigert, bis zu dreimal – letztendlich idiotisch.
MM: In Mailand kann man zur Zeit die Ausstellung „Barbie. The Icon“ besichtigen. Hast Du vor, dorthin zu fahren?
Marcus: Unsere Zeit ist immer sehr knapp bemessen, ich habe früher ein paar Barbie-Ausstellungen besucht und war in der Regel immer enttäuscht, am schlimmsten war das „Barbie-Haus“ in Berlin vor ein paar Jahren, eine echte Frechheit in meinen Augen. Ich bin froh, dass ich in der Hinsicht wenigstens so vernünftig bin, nicht wegen jeder einzelnen Barbie-Ausstellung oder Convention extra „irgendwohin“ zu reisen. Allerdings sind wir bald ohnehin einen Tag in Mailand, darauf freue ich mich schon. Meine Sammlung ist zu 99% abgeschlossen und darüber bin ich sehr erleichtert und glücklich, so soll es bleiben.
MM: Marcus, vielen Dank für das Gespräch.
TROUBLE UNDERSTANDING GERMAN? JUST VISIT DEEPL AND YOU’RE DONE!
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